Frischer Wind für die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie
Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie hat vor einiger Zeit ihre musikalische Besetzung um drei begabte Musiker verstärkt. Die Schülerin Johanna M. Koltermann aus der Klasse 8/2 des Dr.-Carl-Hermann-Gymnasiums in Schönebeck hat die neuen Musiker interviewt.
Am 15. März 1948 begann offiziell die Geschichte der Mitteldeutsche Kammerphilharmonie, damals noch als „Gemeinschaftsorchester des FDGB“ (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund). Mit 20 Musikern unter der Leitung des Dirigenten Kurt Hennemann stand das Orchester noch in den Anfängen, doch nun ist das Hausorchester des Salzlandkreises gar nicht mehr aus Schönebeck wegzudenken. 23 Musiker aus elf Nationen spielen bei jährlich mehr als 100 Vorstellungen auf den Bühnen ganz Sachsen- Anhalts. Das erfolgreiche Orchester ist fester Bestandteil der beliebten „Schönebecker Sommeroperette“.

(Von links)Alejandro de Jesus Carrillo Barrios, Domenico Ermirio und Johans Armando Camacho Aquirre – Foto: Elena Tkachenko
Vor einiger Zeit wurde das Orchester durch den begabten Cellisten Domenico Ermirio verstärkt. Der 28 -Jährige stammt ursprünglich aus Genova, einer Stadt in Italien. Damit nicht genug: Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie kann sich über frischen Zuwachs aus Venezuela freuen. Mit Alejandro de Jesus Carrillo Barrios gewinnen die Musiker eine neue erste Geige sowie einen frisch aufspielenden Konzertmeister, und durch Johans Armando Camacho Aquirre einen professionellen Oboisten.
Die drei Männer fanden alle über familiäre Wege in die Musikwelt. Alejandro gelangt durch seine Mutter, welche Geigenlehrerin ist, zu der Violine, doch dabei blieb es nicht. Der 27- Jährige ist ein musikalisches Multitalent und beherrscht noch weitere Instrumente, wie das Klavier, die Gitarre sowie das Cuatro, eine viersaitige kleine Gitarre, die vor allem in Teilen Südamerikas, wie Venezuela, gespielt wird. Auch Johans kam durch ein Familienmitglied, seinen Bruder, der Cello spielt, zu der Oboe. „Eigentlich wollte ich Horn lernen“, erklärt der 28 -Jährige, doch als in dem örtlichen Jugendorchester eine Oboe fehlte, entschied er sich dort mit seinen Freunden zu spielen. Nach ungefähr vier Jahren erkannte er, dass ihm die Oboe lag und er Spaß am Musikspielen hatte und so blieb er bei der Oboe und ist mittlerweile ein Meister in seinem Fach. Domenico Ermirio liebte die Form und den Klang des Cellos. Doch bevor er dieses Instrument spielen konnte, sollte er nach dem Willen seiner Eltern, zunächst Violine und dann Klavier spielen lernen, erst dann könne er sich vielleicht das Cellospielen widmen.
Die begabten Musiker musizierten schon auf vielen Bühnen des Landes, doch gab es für sie auch prägnante Auftritte. Alejandro erinnert sich gern an seinen ersten großen Auftritt mit 15 vor 3.000 Zuschauern und für Johans sind es die wenigen Soloauftritte, die er hatte, an die er sich gern zurück erinnert. „Für die Oboe sind Solokonzerte eher selten“, erklärt der Holzbläser. Für den Italiener Domenico blieb ein Auftritt in einer Kirche in Helsinki besonders in Erinnerung. „Jeder Ort hat etwas Besonderes“, sagt der Cellist und erntet dabei Zustimmung von seinen Kollegen, doch dieser eine Auftritt in der Kirche in Helsinki sei für ihn auf Grund der Atmosphäre sehr beeindruckend gewesen. Nun stellt sich die Frage, wie solche jungen Profimusiker den Weg nach Deutschland und vor allem in unsere kleine Stadt Schönebeck finden?
Johans Armando studierte erst in Venezuela und machte dort seinen Bachelor. Um weiter zu studieren, kam er nach Deutschland. Anders als Alejandro, er studierte von Anfang an hier in Deutschland Musik und spielte letztes Jahr noch in Magdeburg. Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium in Italien und später in der Schweiz wollte Domenico im Ausland spielen und stieß so auf ein Stellenangebot in Deutschland. Jeder der Künstler fand die ausgeschriebene Stelle für die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie, nahm an einem Probenvorspiel teil und wurde durch Abstimmung des Orchesters in dessen Gemeinschaft aufgenommen. Auf die Frage, was sie an Deutschland gut fänden, antworten die Venezueler, dass es ihnen gefalle, dass die Leute offen für Musik seien und gerne in Konzerte gingen. Für Domenico ist es beeindruckend, dass es hier so viele Orchester gibt. Das sei in Italien fast unvorstellbar. Auch in Venezuela gäbe es sowas nicht oft, doch durch das von Jose Antonio Abreu eingeführte El Sistema , das vielen Kindern wie in Venezuela die Möglichkeit gibt, kostenlos ein Instrument zu lernen, bilden sich viele Jugendorchester. Alejandro und Johans meinen weiterhin: „Es ist schön, dass es hier so wenig Kriminalität gibt und man ungestört und sicher durch die Straßen laufen kann“. In ihrem Heimatland sei das gerade nicht möglich. Venezuelas politische Lage ist sehr kritisch, es toben heftige Bürgerkriege, die das Land unsicher machen. Von den ernsten Themen abgesehen sind sich alle einig, dass das Solequell in Schönebeck Salzelmen eine wirklich gute Sache sei. Alejandro sagt auch noch, dass er die Weihnachtszeit mit den Weihnachtsmärkten genieße. Nur das kalte Wetter störe die drei jungen Männer aus dem warmen Mittelmeerraum und Lateinamerika. Was sie an ihrer Heimat vermissen, seien ihre Familien, die nicht hier in Deutschland leben sowie das warme Wetter.
Sie sind glücklich, jetzt hier in Schönebeck und Mitglieder der Mitteldeutsche Kammerphilharmonie zu sein. Wichtig für jede Zusammenarbeit sind für sie der Respekt und der Ehrgeiz, zusammen etwas zu erreichen. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könnten zu unterrichten, antworteten die Venezueler mit einem ja, nur Domenico könnte sich nicht in dem Beruf des Lehrers sehen. Die drei jungen Männer wollen verständlicherweise noch viel von der Welt sehen und in anderen Gegenden spielen, aber sie bleiben uns sicherlich noch einige Zeit in Schönebeck erhalten und bereichern das kulturelle Leben der Stadt mit ihrem Können.
Von Johanna M. Koltermann
Klasse: 8/2
Dr.-Carl-Hermann-Gymnasium Schönebeck
Quellen: Interview mit den drei Musikern