„Lieber etwas hungern, aber nie wieder Krieg!“
Meine Oma Irene Reulecke schildert ihre Sicht und erzählt von ihren Erinnerungen zum Thema Zweiter Weltkrieg in Chemnitz.
Der zweite Weltkrieg begann am 1. September 1939 mit dem Angriff der deutschen Soldaten auf Polen. Irene Reulecke, geboren am 04.09.1939, war mittendrin. Männer und Jungen, die über 16 Jahre alt waren, wurden eingezogen. Sie sollten kämpfen.
„Mein Vater wurde eingezogen als ich 3 Jahre alt war.“ erinnert sich Irene.
Somit mussten die Frauen die Familien versorgen. „Dies war jedoch nicht so einfach, da die Lebensmittel immer knapper wurden“. Harte Arbeit und die Sorge um Väter, Ehemänner, Söhne und Brüder belasteten die Familien weiter.
Die Versorgung brach zusammen und der Hunger wuchs stetig. Die Situation des herrschenden Krieges verschärfte sich. Japan und Deutschland verbündeten sich 1941, um Krieg gegen die USA zu führen. Diese belieferten jedoch die damalige Sowjetunion, die gegen die deutschen Truppen kämpfte. Zu der Sowjetunion gehörten unter anderem Russland, Weißrussland, die Ukraine und Moldawien. Jedoch verschlimmerte sich somit der Zustand in den Städten.
In Chemnitz, auch Karl-Marx-Stadt genannt, brach die Versorgung zusammen. „Die Frauen und Kinder sammelten die übriggebliebenen Ähren, die auf den Feldern lagen und daraus wurde zu Hause Essen hergestellt.“ sagte Irene. Es kam Brenneselsuppe, gebackene Kartoffelschale und Hefepaste auf den Tisch.
Schließlich trafen Krieg und Zerstörung auch in Chemnitz ein. Häufige Fliegerangriffe verwüsteten 1945 die schöne Karl-Marx Stadt. Der Angriff am 06. Februar 1945 war verheerend. Splitterbomben und Sprengbomben wurden über dem Stadtgebiet abgeworfen. Die Brandbomben waren am Schlimmsten. Die Häuser gingen in Flammen auf und nichts, außer Schutt und Asche, blieb übrig. „Auf unserer Straße wurde ein Haus von einer Brandbombe getroffen. 42 Menschen verbrannten im Keller bei lebendigem Leibe.“ erzählte Irene.
„Eines Nachts hörten wir wieder die Flugzeuge näher kommen. Eisige Stille herrschte im Keller und plötzlich wurden wir von unseren Fußbänken gehoben. Der Staub trübte unsere Sicht. Wir wurden getroffen. Als wir schließlich befreit wurden, standen wir unter freiem Himmel. Nur ein Berg aus Ziegelsteinen war noch von unserem Haus übrig.“ erinnert sie sich. Gnade herrschte damals nicht. „Die Familien, die die Ungewissheit nicht ertragen konnten, rannten auf die Straßen und wurden von Tieffliegern beschossen.“.
3.000-4.000 Menschen verloren durch Fliegerangriffe ihr Leben.
Das Ende des Krieges war gekommen: 1945 sagten die obersten deutschen Soldaten, nach Adolf Hitlers Selbstmord, dass sie nicht mehr kämpfen wollten. Deutschland wurde aufgeteilt. Den Osten bekam die Sowjetunion und den Westen teilten sich England, Amerika und Frankreich. Und Chemnitz lag zu 80% in Schutt.
„Schließlich wurde ich 1945 eingeschult“, erklärte Irene freudig „In meiner Schultüte war ein zwei Pfund Brot, ganz für mich allein. Da die Schulen, durch die Folgen des Krieges, nicht beheizt werden konnten, unterrichtete man uns in verschiedenen Wohnungen. Wir sagten damals: ‚Lieber etwas Hungern, aber nie wieder Krieg'“.
„Tun wir alles dafür, dass das nie wieder passiert!“ meint Irene.
Von Anni Toerne, Klasse 8a, Gerhart-Hauptmann Gymnasium Wernigerode
Quellen:
Interview mit meiner Oma (Irene Reulecke)