Mitbestimmungsrechte an Schulen: Welche Mitbestimmungsrechte haben Schüler und wie werden sie ausgelebt?
Einige Schüler empfinden ihre Mitbestimmungsrechte als sehr eingeschränkt. Welche Rechte haben sie und wie kann man diese Situation verbessern? Diese und weitere Fragen beantworten Frau Schmidt, Sozialpädagogin an der Jeetzeschule und Frau Pochte die Schulleiterin der Jeetzeschule. Das Interview führt Clara Hilger, eine Schülerin der Jeetzeschule.

Schulleiterin Antje Pochte. Foto: jeetzeschule.de
Guten Tag Frau Schmidt, dieser Artikel befasst sich mit dem Mitbestimmungsrecht der Schüler an unserer Schule. Wie werden die Mitbestimmungsrechte der Schüler durch die Schule unterstützt?
Generell sind die Mitbestimmungsrechte der Schüler gesetzlich vorgeschrieben. Deswegen ist jede Schule verpflichtet über Klassensprecher, einen Schülerrat und Konferenzen von Schülerrat, Elternrat und Schulleitung zu verfügen. Die Jeetzeschule bemüht sich sehr, dafür Freiräume zu schaffen. Beispielsweise werden die Mitglieder des Schülerrates an drei Tagen pro Jahr vom Unterricht befreit, um ihren Aufgaben zusammen mit Experten in Ruhe nach zu kommen. Auch in der Morgenrunde der Klasse können Anliegen der Schüler gesammelt und an die Schülervertreter weitergeleitet werden. Außerdem lernen alle Schüler einer Klasse im sogenannten Klassenrat miteinander zu diskutieren und demokratisch abzustimmen.
Wie schätzen sie die Mitbestimmungsrechte der Schüler an der Jeetzeschule ein?
Gut, finde ich, dass die Mitbestimmung der Schüler ausdrücklich erwünscht ist und dafür Zeit eingeräumt wird. Jedoch gibt es ebenfalls Schulregeln, die die Mitbestimmungsrechte der Schüler einschränken. Frau Pochte Schulleiterin der Jeetzeschule.
An diesem Punkt würde ich mir mehr Offenheit von der Schulleitung wünschen. Ich finde es allgemein etwas widersprüchlich den Schülern Rechte einzuräumen und sie gleichzeitig durch Schulregeln wieder einzuschränken. Manche Regeln sind zum Beispiel bei der Schulgründung so festgelegt worden und seitdem unverändert geblieben. Allerdings gibt es heute, zum Beispiel beim Thema Handynutzung an der Schule, immer mehr Schülerinnen und Schüler sowie einige Lehrerinnen und Lehrer, die dazu eine andere Einstellung als vor 15 Jahren haben. Es gibt natürlich auch viele Schulregeln, die per Gesetz befolgt werden müssen.
Machen die Schüler überhaupt Gebrauch von ihren Rechten?
Ja, dabei gibt es natürlich Unterschiede. Einige Schüler sind mehr und andere weniger engagiert. Viele Schüler müssen auch erst lernen ihre Meinung zu vertreten.
Ich habe von einigen Schüler/innen gehört, dass sie frustriert sind, weil sie mit ihren Anliegen keine Erfolge verzeichnen. Können Sie das nachvollziehen und haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Ich kann mir vorstellen, dass es dabei hautsächlich um die zeitgemäßen Themen wie die Handynutzung und das Verlassen des Schulgeländes in den Pausen geht. Es wäre gut darüber immer wieder ins Gespräch zu kommen. Daher wäre es gut, wenn die Schulleitung öfter an den Versammlungen der Schülervertreter (Schülerrat) teilnimmt. Bei den Versammlungen könnten festgelegte Regeln und ihre Hintergründe den Schülerinnen und Schülern erklärt werden. Es gibt aber auch Themenbereiche wo die Schüler/innen von ihren Rechten kaum Gebrauch machen. Ich habe zum Beispiel Vorschläge zur Gestaltung des Schulgeländes gemacht und kaum Rückmeldungen bekommen, das war etwas frustrierend. Ich würde vorschlagen alle festgesetzten Regeln alle 1-2 Jahre zusammen mit dem Schülerrat, dem Elternrat und der Schulleitung zu diskutieren, da sich die Einstellung von Schülern und Lehrern mit der Zeit wandelt. Natürlich müssten alle Personen entscheidungsoffen in eine solche Diskussion gehen.
Frau Pochte, sind die Vorschläge von Frau Schmidt umsetzbar?
Insgesamt ist das Regelwerk ein über die Jahre viel diskutiertes Konstrukt. Es gibt dabei Themen, an denen die Mehrzahl der hier Beschäftigten nichts ändern möchte. Natürlich verstehen wir, dass die Schülerinnen und Schüler gern in der Schule ihr Handy benutzen möchten, allerdings sind uns auch einige Studien über die Nachteile von häufiger Handynutzung bekannt.
Auch für das Bedürfnis, die Schule in den Pausen zu verlassen haben wir Verständnis. Rechtlich ist das, außer zu Unterrichtsgängen, allerdings nicht gestattet. Würden die Eltern ihre Erlaubnis zum Verlassen des Schulgeländes geben, sind die Jugendlichen allerdings nicht über die Schule versichert, da der Weg nicht zum Schulbesuch gehört. Diese Regelung gilt ebenfalls auch für volljährige Schülerinnen und Schüler. Im Fall eines Unfalls, welcher eine lebenslange Beeinträchtigung nach sich zieht (zum Beispiel eine Querschnittslähmung), müsste dann die Unfallversicherung der Erziehungsberechtigten, wenn sie überhaupt über eine verfügen. Die Unfallkasse der Schule würde in diesem Fall nämlich nicht für den Unfall aufkommen.
Außerdem gab es beim letzten SchülerInneversuch nach kurzer Zeit ein Rauch- und Müllproblem hinter dem Tunnel. Worüber sich die Ansässigen massiv beschwert haben. Damals waren wir zu häufig damit beschäftigt zu klären, wer die Regeln nicht einhält. Diese Kapazitäten sind beim Personal nicht zusätzlich vorhanden.
Allerdings empfinde ich das Projekt, den Ausbau des Kioskes voranzutreiben und dafür auch Unterrichtszeit der Schülerinnen und Schülern dafür zu opfern, als sehr gut. Dabei sind viel Mitbestimmung und Ideen der Schülerinnen und Schüler gefragt, damit sich die Kinder und Jugendlichen noch mehr mit der Schule identifizieren und wohlfühlen. Auch bei der Gestaltung der Pausenbereiche sind die Ideen der Schüler gefragt. Wir hatten zum Beispiel schon Ideen zu einer dinerähnlichen Gestaltung der Mensa.
Schülermitwirkung in Deutschland
Jede Schule ist verpflichtet Klassensprecher/innen, Schülersprecher/innen und eine Schulkonferenz zu etablieren. Ein/e Klassensprecher/in ist ein Ansprechpartner für die Klasse und vertritt ihre Interessen bei der Schülerratssitzung und gegenüber den Lehrer/innen. Außerdem berichtet er/sie von den Schülerratssitzungen und wird in die Planung von Aktivitäten der Klasse mit einbezogen. Der Schülerrat trifft sich wöchentlich und stellt das Bindeglied zwischen Schülern und Lehrern dar. Er muss über alle Angelegenheiten, welche die Schülerschaft betreffen, von der Schulleitung informiert werden. Darüber hinaus darf er von seinem Beschwerderecht gegenüber der Schulleitung Gebrauch machen. Der Schülerrat wählt aus seinen Reihen Vertreter zur Teilnahme an der Schulkonferenz. Während der Schulkonferenz können sich die gewählten Schülersprecher/innen neben den Elternvertretern und der Schulleitung an wichtigen Diskussionen beteiligen.
Von Clara Hilger
Klasse: 8
Jeetzeschule in Salzwedel
Quelle: www.jeetzeschule.de